Am Samstag ging die Meldung durch die Medien: 500 Flüchtlinge aus Ungarn/Österreich sollten am Abend in Frankfurt ankommen. Später wurde die Zahl auf 700 erhöht. So machte ich mich zusammen mit dem Mainzer Fotografen Stephan Dinges am Nachmittag auf dem Weg zum Frankfurter Hauptbahnhof – wir wollten die Ankunft dokumentieren. Während der Münchner Hauptbahnhof scheinbar im Ausnahmezustand war, deutete in Frankfurt zunächst nichts auf eine bevorstehende Ankunft hin.
Über die sozialen Netzwerke organisierten sich am Abend schließlich aber auch zahlreiche Helfer, die die Menschen nach ihrer kraftraubenden Flucht in Frankfurt willkommen heißen wollten. Innerhalb weniger Minuten füllte sich die Bahnhofshalle mit Freiwilligen, Obstkisten und Wasserflaschen säumten den Boden, Brote wurden belegt und Lunchpakete gepackt sowie Kleidung und Babyartikel sortiert. Immer wiederkehrende Durchsagen, die Flüchtlingshelfer mögen sich bitte auf dem gesamten Querbahnsteig verteilen, um den Bahnreisenden den Durchgang zu ermöglichen, machten deutlich, wieviele Helfer sich versammelt hatten.
Doch lange war unklar, ob, wann und wo Züge mit Flüchtlingen ankommen würden. Polizei und Bahn hatten „keine gesicherten Informationen“, in den sozialen Netzwerken wurde über mögliche Züge und Ankunftszeiten spekuliert und auch in die Journalisten, Fotografen und Kamerateams vor Ort hatten keine weiteren Infos. In Neu-Isenburg wurde derweil scheinbar eine alte Druckereihalle für rund 700 Flüchtlinge hergerichtet.
Gegen 22:00 Uhr ging es dann ganz schnell: Ein paar Bundespolizisten wandten sich an die Flüchtlingshelfer. In Kürze sollte ein Zug mit rund 50 Flüchtlingen ankommen. Dieser sollte aber nur kurz halten, bevor er weiter nach Dortmund fährt. Zahlreiche Helfer strömten mit Lunchpaketen auf den Bahnsteig – ein chaotisches Durcheinander. Als der ICE einfährt ertönen Rufe „Refugees are welcome here“, die Helfer drängen sich um die Eingänge, Lunchpakete werden in den Zug gereicht, um die Flüchtlinge zu versorgen. Zahlreiche Kameras und Handy halten die Situation fest. Einige Minuten später setzt der Zug seine Fahrt schon weiter.
Soll es das schon gewesen sein? Sollten die ganzen Spenden umsonst gewesen sein? Stephan und ich machten uns nach über vier Stunden am Bahnhof auf den Heimweg – es gab keine neuen Infos über weitere Züge. Wie dann über Twitter zu verfolgen war, wollten auch die Helfer schon einpacken und ihre Spenden nach Neu-Isenburg bringen, als eine Info der Polizei kommt. Nach Mitternacht soll ein weiterer Zug zwischenstoppen – allerdings am Fernbahnhof am Flughafen. Mit einer Menschenkette werden die Spenden zu einem Sonderzug gebracht, der die Spenden und Helfer an den Flughafen bringt. Dort können die Flüchtlinge im Zug versorgt werden, bevor die Reise weitergeht. Für einige Flüchtlinge zur rheinland-pfälzischen Erstaufnahmeeinrichtung in Ingelheim. Auch dort heißen die Flüchtlinge zahlreiche Menschen willkommen. Die Flüchtlinge, die in Hessen unterkommen sollen, kommen dagegen am nächsten Tag mit Bussen in Neu-Isenburg und an der hessischen Erstaufnahmeeinrichtung in Gießen an.
Nach den zahlreichen „braunen“ Meldungen, die man in letzter Zeit gehört hat, von brennenden Flüchtlingsheimen, Krawallen und Ablehnung, ist es toll zu sehen (und auch aus anderen Städten zu hören), wieviele Menschen sich dagegenstellen und die Flüchtlinge nach ihren Strapazen in Deutschland willkommen heißen…
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